GOR '97
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  Zur Äquivalenz von WWW- und E-Mail-Umfragen: Ergebnisse zur Reliabilität und »Sozialen Erwünschtheit«

Michael Bosnjak
und
Bernad Batinic

Methode: Vergleich von WWW- und E-Mail-Umfragen anhand eigener Online-Befragungen

Erste Untersuchungen zeigen: Befragungen via WWW oder E-Mail ergeben Daten gleicher Verläßlichkeit. Bei den weniger anonymen E-Mail-Umfragen finden sich in den Antworten jedoch häufiger Tendenzen "sozialer Erwünschtheit".

Bei der Durchführung einer Fragebogenuntersuchung via Internet können mehrere Dienste in Anspruch genommen werden: das WWW, E-Mail, Newsgroups etc. Eine Entscheidung für ein bestimmtes Untersuchungsformat erfolgt meist anhand von inhaltlichen und pragmatischen Überlegungen. So bieten zum Beispiel HTML-programmierte Fragebögen im WWW gegenüber ASCII-Fragebögen per E-Mail erweiterte Möglichkeiten der Gestaltung und automatisierten Auswertung. Methoden-Artefakten werden dabei allerdings nur selten Beachtung geschenkt. Dies ist auch kaum verwunderlich, da methodenvergleichende Unter-suchung bislang kaum durchgeführt wurden.

Antworten »sozialer Erwünschtheit« variieren bei WWW und E-Mail

In einer interkulturellen Fragebogenuntersuchungsreihe gingen wir der Fragestellung nach, inwieweit sich bei einem vergleichbaren Teilnehmerpool über ausgewählte Testskalen zwischen den Untersuchungsverfahren E-Mail- und WWW-Befragung vergleichbare interne Konsistenzkoeffizienten (als einem Reliabilitätsmaß) ergeben. Es zeigt sich, daß die interne Konsistenzkoeffizienten »verfahrensstabil« ausfielen. Dies gilt für die meisten eingesetzten Skalen sowohl für den Vergleich zwischen WWW- und E-Mail-Version, als auch zwischen der Papier-und-Bleistift-Version und den Internet-basierten Fassungen. Weniger verfahrensstabil erwies sich hingegen die Bereitschaft der Probanden, Angaben in Richtung der Antworttendenz »soziale Erwünschtheit« vorzunehmen. Anhand der Ergebnisse kann gezeigt werden, daß bei nahezu vollständig anonym bearbeitbaren WWW-Fragebögen die SE-Tendenz signifikant geringer ist als beim E-Mail-Verfahren. Dieser Befund steht im Einklang mit theoretischen Vorüberlegungen aus dem Bereich der computervermittelten Kommu-nikation, wonach mit steigender wahrgenommener Anonymität der Teilnehmer das Bedürfnis sinkt, »sozial erwünscht« (SE) zu antworten.

WWW- und E-Mail-Befragungen sind offenbar gleich verläßlich

Für nachfolgende Internet-basierte Fragebogenuntersuchungen läßt sich aus diesen Ergebnissen ableiten, daß sich für Fragestellungen, bei denen die SE-Tendenz minimal gehalten werden sollte, die weitgehend anonyme WWW-Befragungsmethode anbietet. Spielen jedoch mögliche »Verfälschungstendenzen« bei der Beantwortung eines Fragebogens keine wesentliche Rolle (weil zum Beispiel weniger nach Meinungen und Einstellungen mit einer sozialen Bezugsnorm gefragt wird), könnte das E-Mail-Verfahren vorgezogen werden. Von einer vergleichbaren Reliabilität der Antworten zwischen den Untersuchungsverfahren E-Mail- und WWW-Befragung kann auf Basis der vorliegenden Ergebnisse vorerst ausgegangen werden.

Dipl.-Psychologe Michael Bosnjak ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Psychologischen Institut der Universität Heidelberg.
E-Mail: michael.bosnjak@urz.uni-heidelberg.de

Dipl.-Psychologe Bernad Batinic ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie der Universität Gießen.
E-Mail: Bernad.Batinic@psychol.uni-giessen.de

 


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